Egal, ob es um ein Wohnhaus, eine Industrieanlage oder einen Tierhaltungsbetrieb geht, Genehmigungsverfahren im Bau– und Immissionsschutzrecht sind — wie ein Labyrinth — komplex, langwierig und manchmal kommt man nicht zum Ziel. Ein gut und professionell geführtes Genehmigungsverfahren ist zwar keine Garantie für einen schnellen und erfolgreichen Abschluss. Die Risiken und Unwägbarkeiten können aber erheblich reduziert werden, so dass das Verfahren für den Antragsteller keine Black Box mit Überraschungseffekten ist, sondern sich als eine strukturierte Abfolge einzelner Arbeitsschritte im Zusammenwirken der verschiedenen Planer, des juristischen Betreuers sowie der Genehmigungsbehörde und der Fachbehörden darstellt.
Die folgenden Tipps gelten nicht nur für “große” Vorhaben, sondern sinngemäß auch für kleinere Bauvorhaben. Insbesondere bedeutet kleines Vorhaben nicht zwangsläufig kleine Probleme. Diese betreffen regelmäßig nur andere Fragestellungen. Ein einzelner widerspenstiger Nachbar kann beim Bau eines Einfamilienhauses genauso stören wie eine ganze Bürgerinitiative gegen eine Intensivtierhaltung.
Due Diligence
Ein erfolgreiches Genehmigungsverfahren beginnt bereits lange vor der Einreichung der Antragsunterlagen mit der Prüfung, ob der Standort für das geplante Vorhaben überhaupt geeignet ist. Es macht keinen Sinn, ein Genehmigungsverfahren zu führen, das absehbar keinen Erfolg haben kann, weil sich in der unmittelbaren Nachbarschaft der geplanten Industrieanlage eine Wohnsiedlung befindet oder der Standort für eine Tierhaltungsanlage, die erheblich Stickstoff emittiert, neben einem FFH-Gebiet mit stickstoffempfindlichen Pflanzen befindet.
Planungsrechtliche Zulässigkeit
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit ist das “A und O” eines jeden Genehmigungsverfahrens. Ist diese nicht gegeben, muss mit der Standortgemeinde geklärt werden, ob sie bereit ist, einen entsprechenden Bebauungsplan/Vorhaben– und Erschließungsplan aufzustellen. Da es keinen Anspruch auf Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans gibt, muss mit der Kommune und den kommunalen Entscheidungsträgern sehr frühzeitig das Gespräch gesucht werden.
Klärung von Vorfragen
Wer im Labyrinth sicher zum Ziel gelangen will, muss als nächstes klären, welches Genehmigungsverfahren notwendig ist, und ob daneben nicht ggf. weitere Genehmigungen (häufig z.B. wasserrechtliche Genehmigungen) einzuholen sind. Ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig? Gibt es in der Nähe des Standorts Schutzgebiete? Ist ein Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung notwendig oder will man ein solches Verfahren freiwillig durchführen, um Rechtssicherheit zu bekommen? Welche Gutachten sind erforderlich und welche Fachplaner müssen hinzugezogen werden?
Probleme im Genehmigungsverfahren offensiv angehen
Auch wenn es beim Antragsteller nicht sonderlich beliebt ist, und die Planer/Berater sich dem Verdacht aussetzen, eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zu betreiben, müssen sie mögliche Probleme im Genehmigungsverfahren antizipieren und dürfen nicht abwarten, bis eine Behörde oder ein Einwender den Finger in die Wunde legt. Dies kann nicht nur zu Verzögerungen führen, sondern Vorhaben als solche gefährden. Wer einmal in einem Erörterungstermin erlebt hat, dass der Antragsteller und seine Planer von bisher nicht erkannten Problemen überrascht wird, weiß, wie wichtig es ist, auch Antworten auf bisher nicht gestellte Frage parat zu haben.
Behördenabstimmung
Sobald die Vorfragen geklärt sind, macht eine erste Kontaktaufnahme mit der Genehmigungsbehörde sowie den für das Vorhaben relevanten Fachbehörden Sinn. Üblich ist ein sogenanntes “Sterngespräch” mit den betroffenen Behörden, um das Vorhaben vorzustellen, das weitere Verfahren und Inhalt und Umfang der Antragsunterlagen abzustimmen.
Festlegung des Vorhabens
Es mag banal klingen und eine Selbstverständlichkeit sein: Man muss in einem möglichst frühen Stadium definieren und unter Berücksichtigung der Genehmigungsvoraussetzungen klären, was genau Inhalt des Genehmigungsverfahrens sein soll. Alle Details des Antragsgegenstands lassen sich natürlich nicht vorab festlegen. Die wesentlichen Eckpunkte sollten aber “festgezurrt” sein, bevor man die Antragsunterlagen zusammenstellt, da ansonsten umfangreiche Änderungen im Genehmigungsverfahren notwendig sind, die Zeit und Geld kosten.
Antragstellung
Auf der Grundlage der Behördenabstimmung können schließlich die Antragsunterlagen eingereicht werden. Hierbei sollte der Antragsteller im eigenen Interesse auf Vollständigkeit und Qualität achten. Wer aus Kostengründen “auf Lücke” setzt und beispielsweise auf Gutachten verzichtet, läuft Gefahr, dass entsprechende Unterlagen später nachgereicht werden müssen. Selbst wenn die Genehmigungsbehörde anfänglich ein Lärmgutachten für nicht erforderlich gehalten hat, wäre es nicht das erste Mal, dass die Behörde “umkippt”, wenn im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wegen des fehlenden Gutachtens massive Einwendungen von betroffenen Anwohnern erhoben werden. Geht es letztlich vor Gericht, spielt das Argument, dass die Genehmigungsbehörde ein Lärmgutachten, eine artenschutzrechtliche Untersuchung o.ä. nicht gefordert habe, keine Rolle. Entscheidend ist, dass ein Gutachten fehlt, und dies kann durchaus entscheidend sein.
Wer diese Tipps beachtet, ist schon einmal auf dem richtigen Weg. Ansonsten finden Sie bei uns weitere Hinweise zum öffentlichen Baurecht, zum Immissionsschutzrecht und zum sonstigen Umweltrecht. Die Beiträge werden laufend ergänzt.