Das Immissionsschutzrecht ist ein wesentlicher Bestandteil des Umweltrechts. Es dient — wie sich aus § 1BImSchG ergibt — einerseits zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und soll andererseits weitergehend der Entstehung schädlicher Umwelteinwirkungen vorbeugen. Der Schutzzweck ist umfassend und bezieht Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur– und sonstige Sachgüter ein. Soweit einzelne Bereiche spezialgesetzlich geregelt sind (z.B. Arbeitsschutz, Naturschutz, Bodenschutz) sind zusätzlich die entsprechenden spezialgesetzlichen Regelungen zu beachten.
Für die Anlagenzulassung und –überwachung hat das BImSchG zentrale Bedeutung. Daneben regelt es verschiedene Bereiche wie z.B. den Verkehrslärm, die Lärmminderungs– und Luftreinhalteplanung sowie die Treibhausgasminderung.
BImSch-Anlagen
Unterschieden wird zwischen den nach dem BImSchG genehmigungsbedürftigen und den nach dem BImSchG nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen. Die genehmigungsbedürftigen Anlagen sind abschließend in der Anlage zur 4. BImSchV aufgezählt. Dazu zählen vor allem alle größeren Gewerbe– und Industrieanlagen, aber auch Tierhaltungsanlagen, Abfallanlagen, aber auch Schießstände oder Motorsportanlagen. Eine Anlage, kann wie z.B. eine Zuckerfabrik, unmittelbar in der 4. BImSchV enthalten sein (Nr. 7.24: Anlagen zur Herstellung oder Raffination von Zucker unter Verwendung von Zuckerrüben oder Rohzucker). Eine Anlage kann aber auch mittelbar in den Anwendungsbereich der 4. BImSchV fallen, weil die Anlage über eine Feuerungsanlage mit einer Feuerungswärmeleistung mehr als 50 MW (Nr. 1.1) verfügt.
Für die BImSch-Anlagen regelt das BImSchG sowohl die materiellen Anforderungen als auch das Genehmigungsverfahren. Für die nicht nach dem BImSch genehmigungsbedürftigen Anlagen, das sind insbesondere die nach Baurecht genehmigungspflichtigen kleineren gewerblichen Anlagen oder auch Tierhaltungsanlagen, regelt das BImSchG lediglich einige materielle Anforderungen sowie die Möglichkeit nachträglicher Anordnungen.
BImSch-Verfahren
Das BImSch-Verfahren ist das Gegenstück zum Baugenehmigungsverfahren. Es ist deutlich komplexer und umfangreicher als das Baugenehmigungsverfahren, was naturgemäß an der Größe und den Auswirkungen der zu genehmigenden Anlagen liegt. Für einige Anlagen ist ein Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung zwingend vorgeschrieben. Diese Anlagen sind in der 4. BImSchV mit dem Buchstaben “G” gekennzeichnet. Für die anderen Anlagen ohne Öffentlichkeitsbeteiligung enthält die 4. BImSchV ein “V” (= vereinfachtes Verfahren). Ein Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung, also einer öffentlichen Auslegung der Antragsunterlagen und in der Regel auch einem Erörterungstermin, ist mit Aufwand und Publizität verbunden. Es hat aber auch erhebliche Vorteile für den Antragsteller, da es für jedermann Einwendungen, die nicht rechtzeitig vorgebracht worden sind, ausschließt (Präklusion). Es ist als mit einem mehr an Rechtssicherheit verbunden, so dass mancher Betreiber freiwillig eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchführt. Für Anlagen, die im vereinfachten Verfahren zu genehmigen sind, kann allerdings ein Öffentlichkeitsbeteiligung aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften notwendig sein, wenn für die Anlage nämlich eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.
Einzelheiten zum Genehmigungsvoraussetzungen sind in der 9. BImSchV geregelt.
IE-RL-Anlagen
Eine weitere Anlagen-Kategorie betrifft Industrieanlagen, aber auch Intensivtierhaltungsbetriebe, für die die Industrieemissions-Richtlinie (IE-RL, englisch: Industrial Emissions Directive — IED) gilt. Diese seit 2011 geltende Richtlinie hat die Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU-RL, englisch: Integrated Pollution Prevention and Control — IPPC) abgelöst. Die IE-RLwurde 2013 in nationales Recht umgesetzt. Die davon betroffenen Anlagen sind in der Anlage zur 4. BImSchV mit einem “E” gekennzeichnet.
Inhaltlich werden durch die IE-RL insbesondere die Überwachung von Genehmigungsauflagen und die allgemeine Überwachung von Anlagen verschärft. Insbesondere werden Fristen für die Inspektion der Anlagen durch die zuständigen Behörden vor Ort vorgegeben. Ferner wird durch die IE-RL die Bedeutung der BVT-Merkblätter (Konzept der besten verfügbaren Technik, englisch: Best Available Techniques Reference —BREF) erheblich erhöht. Die aus den BVT-Merkblättern entwickelten BVT-Schlussfolgerungen geben künftig verbindlich einzuhaltende Anforderungen an die Emissionsminderung für industrielle Anlagen vor. Das bedeutet, dass der Stand der Technik zur Vermeidung bzw. Verminderung von Emissionen aus Industrietätigkeiten zukünftig für alle Mitgliedstaaten verbindlich auf europäischer Ebene (sog. Sevilla-Prozess) festgelegt wird. Wer als Anlagebetreiber von der IE-RL betroffen ist, sollte sich über die Entwicklung der BVT-Merkblätter bzw. BVT-Schlussfolgern, z.B. auf den Seiten des Umweltbundesamtes (UBA), auf dem Laufenden halten.
Konzentrationswirkung
Das BImSch-Verfahren hat eine (fast) umfassende Konzentrationswirkung, d.h. im BImSch-Verfahren wird nicht nur die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Immissionsschutzrecht, sondern auch mit anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften geprüft (§ 13 BImSchG). Sofern das für Vorhaben sonstige Genehmigungen erforderlich sind, werden diese mit der BImSch-Genehmigung erteilt. Dies gilt z.B. für die Baugenehmigung. Insbesondere wird im BImSch-Verfahren auch die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens geprüft. Zu diesem Zweck werden von der Genehmigungsbehörde die jeweiligen Fachbehörden beteiligt. Die Konzentrationswirkung umfasst insbesondere nicht eine eventuell erforderliche wasserrechtliche Einleitgenehmigung oder auch nicht die Genehmigung für die Förderung von Grundwasser. Diese Genehmigungen müssen zusätzlich beantragt werden.
Immissionsschutzrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen
Wieviel Lärm, Staub, Gerüche, Keime, Stickstoff etc. eine Anlage emittieren darf, ergibt sich nicht unmittelbar aus dem BImSchG, sondern aus einer Vielzahl untergesetzlicher Normen oder auch Verwaltungsvorschriften bzw. Richtlinien privater Institutionen wie z.B. VDI-Richtlinien oder DIN-Normen. Vorschriften, die keine Gesetze oder Verordnungen sind, haben insbesondere in gerichtlichen Verfahren keine Bindungswirkung. Ihre praktische Bedeutung ist gleichwohl groß.
Für Lärm gibt es mehrere Vorschriften: Die TA Lärm für Gewerbelärm, die 16. BImSchV für Verkehrslärm und die 18. BImSchV für Sportanlagen. Für Geruch ist die Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) einschlägig. Für gasförmige Stoffe und Staub gilt die TA Luft. Für die Vorhabenzulassung bestimmter Anlagetypen sind schließlich einige der aktuell 41 Verordnungen zum BImSchG von Bedeutung. Dies gilt z.B. für die Großfeuerungsanlagenverordnung (13. BImSchV), die Verordnung über Anlagen zur biologischen Behandlung von Abfällen (30. BImSchV) oder (allerdings recht speziell) die 27. BImSchV für Krematorien. Für größere Anlagen enthält die Störfallverordnung (12. BImSchV) zusätzliche Anforderungen.
Änderung und Erweiterung von BImSch-Anlagen
Ein BImSch-Verfahren ist nicht nur bei der Neuerrichtung, sondern auch bei der Änderung oder Erweiterung einer Anlage durchzuführen. Bei Änderungen, die immissionsschutzrechtlich keine Auswirkungen haben oder sogar reine Verbesserungen darstellen, reicht eine Anzeige nach § 15 BImSchG aus. Soll in einer Tierhaltungsanlage ein altes Stallgebäude abgerissen und durch ein neues Gebäude ohne Änderung der Tierplatzzahl ersetzt werden, muss das Vorhaben immissionsschutzrechtlich lediglich angezeigt werden. Es ist dann aber ein Baugenehmigungsverfahren durchzuführen.
Ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können, handelt es sich um eine wesentliche Änderung gem. § 16 BImSchG, so dass ein BImSch-Verfahren durchzuführen ist. Dies entspricht vom Ablauf dem Verfahren für eine neue Anlage, jedoch soll auf die Durchführung eines Verfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung verzichtet werden.
Nachträgliche Anordnungen
Das Immissionsschutzrecht kennt keinen (echten) Bestandsschutz. Ändern sich die gesetzlichen oder untergesetzlichen Anforderungen bzw. der Stand der Technik, kann nach § 17 BImSchG eine nachträgliche Anordnung erlassen werden. Dabei ist von der Behörde allerdings der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Es kommt daher im Einzelfall u.a. auf die technische Möglichkeit der Nachrüstung, die Investitions– und zusätzlichen Betriebskosten und Umfang bzw. Gefährlichkeit der jeweils in Frage stehenden Emissionen an.