Der Nach­bar hat unzwei­fel­haft Rech­te, wenn es um benach­barte Bau­vor­ha­ben geht; meis­tens aber nicht so viel, wie er ver­meint­lich zu haben glaubt. Sowohl in einem Wider­spruchs­ver­fah­ren als auch in einem Kla­ge­ver­fah­ren (genau­so in einem gericht­li­chen Ver­fah­ren des einst­wei­li­gen Rechts­schut­zes) erfolgt kei­ne umfas­sende Über­prü­fung der Bau­ge­neh­mi­gung auf ihre Recht­mä­ßig­keit. Das VG Gel­sen­kir­chen hat dies in einem Beschluss vom 19. Dezem­ber 2013 – 6 L 1339/13 so zusam­men­ge­fasst: “Nur wenn die Bau­ge­neh­mi­gung gegen nach­bar­schüt­zende Vor­schrif­ten des öffent­li­chen Bau­pla­nungs– oder Bau­ord­nungs­rechts ver­stößt und eine Befrei­ung oder Abwei­chung von die­sen Vor­schrif­ten nicht vor­liegt oder unter Berück­sich­ti­gung nach­bar­li­cher Belan­ge nicht hät­te erteilt wer­den dür­fen, kann ein Nach­bar erfolg­reich gegen die einem Drit­ten erteil­te Bau­ge­neh­mi­gung vorgehen.”

Es wird im Wider­spruchs– und Kla­ge­ver­fah­ren also ledig­lich geprüft, ob die Bau­ge­neh­mi­gung gegen nach­bar­schüt­zende Vor­schrif­ten zuguns­ten des Widerspruchsführers/Klägers ver­stößt. Dabei ist zu berück­sich­ti­gen, dass eine Viel­zahl von Vor­schrif­ten aus­schließ­lich öffent­li­chen Inter­es­sen und gera­de nicht dem Nach­bar­schutz die­nen. Die­se Rege­lun­gen wer­den also bei der recht­li­chen Prü­fung durch die Widerspruchsbehörde/das Gericht nicht berück­sich­tigt. Dies betrifft zum Bei­spiel die aus einem Bebau­ungs­plan oder der Umge­bungs­be­bau­ung sich erge­bende zuläs­sige Grundfläche/Geschossfläche. Kei­ne nach­bar­schüt­zende Wir­kung haben regel­mä­ßig Fest­set­zun­gen zur Zahl der maxi­mal zuläs­si­gen Voll­ge­schosse. Ent­schei­dend ist allein, ob das Bau­vor­ha­ben die zuläs­sige Abstands­flä­che ein­hält. Inso­weit gehö­ren die Abstands­flä­chen­re­ge­lun­gen zu den klas­si­schen nach­bar­schüt­zen­den Nor­men. Glei­ches gilt zum Bei­spiel für Lärm und Geruch. Wer­den durch den Betrieb des geplan­ten Vor­ha­bens vor­aus­sicht­lich die inso­weit ein­schlä­gi­gen Richt­werte über­schrit­ten, kann der Nach­bar dage­gen mit Erfolg vor­ge­hen. Ob das Vor­ha­ben hin­ge­gen mit den Belan­gen des Natur­schut­zes oder des Denk­mal­schut­zes zu ver­ein­ba­ren ist, ist für das Nach­bar­streit­ver­fah­ren irre­le­vant. Hin­sicht­lich des Denk­mal­schut­zes ist eine gewis­se Ein­schrän­kung dahin­ge­hend zu machen, wenn der Wider­spruchs­füh­rer sel­ber Eigen­tü­mer eines Denk­mals ist, und dies durch das neue Bau­vor­ha­ben erheb­lich beein­träch­tigt wird.

Für BIm­SchG-Anla­gen gilt nichts ande­res. Bei gewerb­li­chen und indus­tri­ellen Anla­gen, bei denen die TA Luft eine Rol­le spielt, gilt grund­sätz­lich, dass die in der TA Luft ent­hal­te­nen Rege­lun­gen zur Gefah­ren­ab­wehr grund­sätz­lich nach­bar­schüt­zend sind, wäh­rend die Vor­sor­ge­re­ge­lun­gen grund­sätz­lich nur dem öffent­li­chen Inter­esse die­nen. Auf letz­tere kann sich der Nach­bar also nicht beru­fen. Eben­so wenig kann sich der Nach­bar einer Tier­hal­tungs­an­lage dar­auf beru­fen, dass die dort prak­ti­zierte Tier­hal­tung tat­säch­lich oder ver­meint­lich für die Tie­re wesens­fremd ist und angeb­lich gegen das Tier­schutz­recht verstößt.

Für Anla­gen­be­trei­ber und deren Pla­nung bedeu­tet dies, dass sie bei der Ein­hal­tung von Vor­schrif­ten, die dem Nach­bar­schutz die­nen, beson­ders sen­si­bel und auf­merk­sam agie­ren müs­sen. Sind nach­bar­schüt­zende Vor­schrif­ten betrof­fen, heißt dies im übri­gen noch lan­ge nicht, das der Wider­spruch oder die Kla­ge des Nach­barn damit Erfolg haben. Dies bedeu­tet ledig­lich, dass sich das Gericht mit einer mög­li­chen Beein­träch­ti­gung über­haupt beschäf­tigt, wäh­rend es eben die nicht nach­bar­schüt­zen­den Vor­schrif­ten von vorn­her­ein „links lie­gen” lässt.

Wel­che Rech­te hat ein Nachbar?

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