Wer das Stichwort “GIRL” googelt, sucht nicht zwangsläufig nach dem, was alle denken, sondern unter Umständen nach der Geruchsimmissionsrichtlinie. Die GIRL (aktuell in der Fassung vom 10.09.2008) ist ein Regelwerk, das die Umweltminister der Länder im LAI (Länderausschuss Immissionsschutz) beschlossen haben. In den Ländern ist die GIRL durch entsprechende Erlasse als Verwaltungsvorschrift für die Behörden verbindlich. Da es sich nicht um eine gesetzliche Regelung handelt, sind die Gerichte an die GIRL nicht gebunden. Gleichwohl wird die Geruchsimmissionsrichtlinie von den Gerichten “antizipiertes generelles Sachverständigengutachten angesehen, welches auf den Erkenntnissen und den Erfahrungen von Sachverständigen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind. Die in ihr niedergelegten Erkenntnisse beruhen auf fachwissenschaftlichen Gutachten und Untersuchungen; sie geben dem Prüfer ein Instrumentarium an die Hand, alle zur Beurteilung schädlicher Einwirkungen maßgeblichen Umstände wie Oberflächengestaltung, Hedonik, Vorbelastungen rechtlicher und tatsächlicher Art sowie Intensität der Geruchseinwirkungen zu beurteilen (OVG Lüneburg, Urteil vom 09. Juni 2015 – 1 LC 25/14 –).
Die GIRL legt u.a. fest, wieviel es riechen darf und wie die Geruchsimmissionen berechnet oder auch rein tatsächlich durch Probanden ermittelt werden. In Genehmigungsverfahren müssen die zu erwartenden Geruchsimmissionen zwangsläufig rechnerisch ermittelt werden. Dafür sind Ausbreitungsrechnungen nach standardisierten Methoden auf der Grundlage der GIRL bzw. der TA Luft durchzuführen, die von spezialisierten Gutachtern durchgeführt werden können. Bei bestehenden Anlagen kann durch Emissionsmessungen in Verbindung mit Ausbreitungsberechnungen oder auch durch allerdings sehr aufwendige Probandenbegehungen festgestellt werden, ob die einschlägigen Richtwerte eingehalten werden. In einem von uns geführten Verfahren beim VG Halle hat dieses entschieden, dass die Anordnung einer olfaktorischen Ermittlung von Geruchsimmissionen durch Rasterbegehungen zum Nachweis der Einhaltung von niedrigen Immissionswerten zwischen 0,07 und 0,02 bzw. 0,03 ungeeignet sei. Nicht erforderlich sei die Anordnung einer Rasterbegehung, wenn mit der Ausbreitungsrechnung auf der Basis der Ergebnisse von Emissionsmessungen ein gleich geeignetes, aber weniger belastendes, weil kostengünstigeres, Mittel zur Verfügung steht. Eine Ausbreitungsrechnung sei ausreichend, wenn die Emissionen hinreichend genau ermittelt werden können und keine besonderen Schwierigkeiten bei der Prognose der immissionsseitigen Auswirkungen vorliegen (VG Halle (Saale), Urteil vom 22. Oktober 2012 – 4 A 66/10 –).
Der Richtwert der GIRL für Wohn- und Mischgebiete liegt bei 0,10, d.h. dass es an 10 % der Jahresstunden riechen darf. Für Dorf- und Industrie- und Gewerbegebiete liegt der Wert bei 0,15 bzw. 15 % der Jahresstunden. Eine weitere Differenzierung nach Gebietskategorien, wie dies die TA Lärm für Geräusche vorsieht, kennt die GIRL nicht. Eine Besonderheit stellt der Jahresbezug dar, während es bei Lärm auf einen Zeitraum von 12 Stunden tagsüber bzw. nachts auf die lauteste Nachstunde ankommt. Da es für die Berechnung nach der GIRL völlig unerheblich ist, wie oft die Geruchsereignisse auftreten, sind die Ergebnisse einer Prognose für den Betroffenen oftmals nicht nachvollziehbar. Insbesondere wird er auch kaum feststellen können, ob z.B. der Wert für ein Wohngebiet um 2 % über — oder unterschritten wird.
Für atypische Sonderfälle sehen die GIRL und die Anwendungshinweise zur GIRL sowie die einschlägige Rechtsprechung teilweise erhebliche Abweichungen von den Richtwerten vor. Im Einzelfall bestehen daher häufig durchaus Ansatzpunkte, um auch höhere Werte rechtfertigen zu können.